Montag, 10. Dezember 2012

Pflegemisere-schlimmer-als-bekannt

Letztes Update am 04.01.2013 - 00:42 h

Meine Anmerkungen zu dem kürzlich erschienen Buch
von Anette Dowideit 
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Die Pflegemisere ist weitaus schlimmer als allgemein bekannt!

Soso, Du meinst, das ganze Gerede über die Pflegemisere ist aufgebauscht und alles ist übertrieben?
Ja, so dachte ich auch vor zweieinhalb Jahren, als es einen nahen Anghörigen von mir (ich nenne ihn hier "P.")   im Alter von 62 Jahren mit einem saftigen Schlaganfall erwischte.
Und ich unwissender Idiot lehnte damals im Krankenhaus die Übernahme der Betreuung ab, als mir dort diese Frage gestellt wurde.
Familiäre Gründe im Bereich von P. sagten mir, daß eine Betreuung durch mich vermutlich nicht gut gehen würde.
Das Betreuungsgericht hat weder mich noch andere Angehörige von P. befragt.
Das Wort vom Krankenhaus galt.
Mit anderen Worten: Das soziale Umfeld von P. wurde offensichtlich nicht mit in die Überlegungen, wie P. am besten zu betreuen sei, einbezogen.

Dann wurde also die Betreuung vom Amtsgericht eingerichtet.
Nur - wir Angehörigen wurden, wie schon erwähnt, nicht in das Betreuungsverfahren einbezogen.
Wir erfuhren auch nur später durch Zufall von der tatsächlich eingerichteten Betreuung.
- Der Mensch interessierte offensichtlich nicht, sondern nur der abzuwickelnde Fall.
- Das kommt mir fast so vor, wie das "abwickeln" einer Firma, die in die Insolvenz rutscht.

Auch der Betreuer, ein Rechtsanwalt, war anscheinend nicht an der menschlichen Seite des Falles interessiert oder er hatte schlichtweg keine Zeit für so etwas.
Er verwaltete halt "juristisch", ohne sein Mündel nun so recht zu kennen.

- Siehe auch meine Seite 10. hier im Blog
- Der sich kümmernde Angehörige ist Sand im Getriebe eines eingespielten Teams.

Um dem P. ein wenig mehr menschliche Nähe geben zu können, regte ich die Verlegung in ein Pflegeheim der selben Firma an, welches aber näher lag und es mir erlaubte, P. täglich zu besuchen.
Ich vertraute dabei auch auf das Urteil des Betreuers, falls dieser das Pflegeheim als anfällig für eine "Gefährliche Pflege" halten würde. Daß der Betreuer sich darüber vermutlich gar keine Gedanken machte, kam mir damals nicht in den Sinn.
- Später wurde mir im Landgericht vorgeworfen (ich versuchte einen Wechsel in der Betreuung zu erreichen), was ich denn da zu bemängeln hätte, ich hätte ja eben genau dieses Pflegeheim für "P." ausgesucht. -
Halleluja, Nachtigall ick hör dir trapsen!

Nein Freunde, ich tapse nicht in die Falle.
Ich sage nicht, daß in dem Pflegeheim, in dem P. meiner Meinung nach "in das Bett hineingepflegt" wurde, eine wissentlich gefährliche Pflege praktiziert wird.
Ich habe nur den - begründeten - Verdacht, daß es so ist; Andere, die dazu berufen sind, mögen darüber urteilen. Der MdK hat wohl auch gemerkt, daß da etwas im Pflegeheim nicht stimmt und hat inzwischen offensichtlich schon reagiert und die Benotung der letzten Bewertung ein wenig ins Negative hinein verschoben.

Inzwischen habe ich mich im Netz umgesehen und mir auch das eine oder andere Buch gekauft und nicht nur gelesen, sondern regelrecht durchgekaut und im Netz hinterfragt. Aufgrund meiner vielen handschriftlichen Vermerke werde ich dieses Buch später wohl kaum wieder verkaufen können . . .
Das Buch stammt von Anette Dowideit und hat mir beim Lesen und begleitetem Recherchieren im Netz erst so richtig die Augen geöffnet:
“Endstation Altenheim – Alltag und Missstände in der deutschen Pflege”
Buchauszug:
Unendliches Leid in deutschen Pflegeheimen - Anette Dowideit
In diesem Buch wird auch nicht wahllos auf die Pflegekräfte eingedroschen, nein, das ganze Konstrukt "Pflege" steht dort auf dem Prüfstand.

Die Artikel vom Pflege-Sebsthilfeverband zum Thema Betreuung ergänzten dann das Bild noch ein wenig:
Betreuungswillkür
und
Betreuungs(un)recht

Jetzt, nach rund zweieinhalb Jahren, wird mir so richtig deutlich, daß ich nicht der einzige Angehörige bin, der um das Wohl und Wehe eines Angehörigen kämpft . . . nur, wo sind diese Anderen?
Sind sie sprachlos?
Oder wurden sie schon mundtot gemacht, so wie man es bei mir auch hinter meinem Rücken, im Schutze eines "Psychiatrischen Gutachtens" und einer vertraulichen Betreuungsakte versucht, in die mir der Einblick (noch) verwehrt wird?

Und noch eines wird sehr deutlich
In fast allen Publikationen, sei es in Büchern oder in Fernsehberichten, wird die derzeitige Pflegeproblematik angeprangert und es werden politische Lösungen gefordert . . . aber die Politik reitet auf einem sehr langsamen und lahmen Gaul . . . wenn wir darauf warten, überleben das unsere Angehörigen von Heute nicht.
Aber auch Anette Dowideit bleibt dem Leser ihres Buches eines schuldig:
Es fehlt die konkrete Hilfestellung, wie ich mich als Angehöriger jetzt, hier und Heute, gegen die teilweise unmenschliche Pflegepraxis ganz konkret wehren kann.
Es wird im Buch ja auch offen zugegeben, daß sowohl die Heimaufsicht als auch der MdK doch recht zahnlose Tiger sind, weil unter anderem ja auch das System am Laufen gehalten werden muß . . .

Es wird Zeit, daß wir Angehörigen uns zusammen tun und so organisieren, daß wir schlagkräftig in konkreten Einzelfällen anderen Angehörigen in unserer Nähe beistehen können.

Ansätze zu solchen Gruppierungen gibt es schon, aber komischer Weise kaum im Hamburger Bereich:

Der Pflege-Sebsthilfeverband e.V. (Raum Köln) hat eine neue Internet-Seite gestartet:
Pflege-Prisma.de

Die Bonner Initiative gegen Gewalt im Alter - Handeln statt Mißhandeln e.V. (HsM)
ist eine gemeinnützige und unabhängige Notruf-, Beratungs- und Informationsstelle

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